Stadtrats- und Kreistagswahlen – NPD-Kahla Kandidaten

Die extrem rechte NPD beabsichtigt im Zuge der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 auch den Einzug in den Kahler Stadtrat und den Kreistag im Saale-Holzland-Kreis. Da die Partei im Bereich Kahla über keine eigenen nennenswerten Parteistrukturen verfügt treten vorwiegend Kandidaten aus dem Spektrum der „Freien Kräfte“ bzw. parteifreie Neonazis an, darunter mitunter solche die sich bisweilen auch abfällig gegenüber der NPD äußerten. Sowohl für den Stadt- als auch den Kreistag gibt es zwei Vierer-Listen, die sich personell großteils auch überschneiden. Um einen Eindruck zu bekommen, wer sich hier per Wählerstimme einen Einzug ins Kommunalparlament erhofft folgt hier ein kleiner Überblick zu den Personen.

Stadtratsliste:
David Buresch, Hendrik Radtke, Johannes Bertels, Marcel Bütow

Kreistagsliste:
Hendrik Radtke, David Buresch, Mario Keller, Johannes Bertels

Spitzenkandidat zur Kreistagswahl: Hendrik Radtke

(mittig mit offener Jacke)

(Radtke bei Neonazi-Demo am 22.10.2012 in Wismar, Foto: RechercheNord)

Der aus Norddeutschland nach Kahla gezogene Radtke kandidiert sowohl für den Kahler Stadtrat als auch als Spitzenkandidat für den Kreistag des Saale-Holzland-Kreises. Der 29-jährige kommt aus der neonazistischen Szene und macht aus seiner extrem rechten Weltanschauung auch im Internet keinen Hehl, wo er mit Pseudonymen u.a. Musik von einschlägigen Rechtsrock-Gruppen verbreitet bzw. teilt, welche den Kampf der vermeintlich übergelegenen „weißen Rasse“ propagieren. Auch glorifiziert er die Waffen-SS und Gruppierungen wie die britische Band „Skrewdriver“, von denen auch rassistisch motivierte Gewalttaten ausgingen. Radtke ist Bewohner der „Burg 19“ in Kahla, ein Hausprojekt welches vor zwei Jahren durch Neonazis ersteigert wurde. Das Thüringer Landeskriminalamt durchsuchte das Gebäude im März 2013 auf der Suche nach einer Schusswaffe, fündig wurden die Ermittler schließlich in Schwerin, dort wo auch Radtke Verbindungen hin unterhält. Während der Durchsuchung warnte ihn eine andere Neonazi-Aktivisten aus Kahla über ein soziales Netzwerk. Radtke unterhält auch Kontakte zu Angehörigen der rechten „Burschenschaft Normannia Jena“ und zu Personen des „Freien Netz“ Jena/Kahla. Die Gruppierung bzw. deren Akteure werden für eine Reihe an Straftaten in Kahla verantwortlich gemacht, darunter ein Einbruch in die Kahler Stadtkirche im Frühjahr 2011, als zwei Täter antisemitische und neonazistische Parolen sprühten und auch Kircheninventar wie ein Messing-Kreuz stahlen. Im Sommer 2013 beteiligten sich 150 Neonazis auf dem Gries in Kahla an dem Neonazi-Festival „Thüringentag der nationalen Jugend“, bei dem in verschiedenen Formen auch der in München angeklagte mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben verehrt wurde.

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Wenige Tage vor der dem Thüringentag mobilisierte der NPD-Kreistagskandidat Abnehmer in der Szene für diese T-Shirts

Hendrik Radtke war es, der im Vorfeld innerhalb der rechten Szene den Vertrieb von eigens angefertigten blauen Kahla-T-Shirts für die Kahler Teilnehmer organisierte. Mehrere Dutzend Neonazis trugen diese Bekleidung dann beim Neonazi-Open Air Konzert. Bereits ein halbes Jahr zuvor marschierte er mit 250 Neonazis durch die mecklenburgische Stadt Wismar und machte deutlich, für welche Art von Politik er auch in Kahla stehen wird. Radtke lief hinter einem Transparent, welches angelehnt an die mörderische Ideologie aus dem 3. Reich den Aufdruck „für nationalen Sozialismus“ trug.

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(Links: Transparent in Wismar, rechts Radkte mit Shirt der Rechtsrock-Band „Skredriver“, deren Sänger das internationale Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ gründete)

David Buresch – Symbiose zwischen Freies Netz & NPD

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„Thüringentag der nationalen Jugend“ am 15. Juni 2013 in Kahla: David Buresch (mittig) am Getränkewagen des Neonazi-Openairs

Der 23-jährige David Buresch tritt vor allem seit den Jahren 2008/2009 in Kahla, Jena aber auch überregional mit Neonazi-Aktionen in Erscheinung. Mehrfach war er mit anderen Neonazis an gewalttätigen Überfällen beteiligt, zum Beispiel in Dortmund und in Jena. Trat er vor wenigen Jahren noch mit Glatze und martialischem Äußeren in der Öffentlichkeit auf, bemüht er sich heute um ein unauffälligeres Erscheinungsbild. Er ist federführend beim „FN Kahla“ tätig und war lange Zeit auch im „Braunen Haus Jena“ sowie beim „FN Jena“ aktiv. 2009 fand eine „Hitlergeburtstagsfeier“ in seiner Wohnung in Kahla statt, bei der es zu mehreren Straftaten kam. 2010 gehörte er zu einer Gruppierung die in Saalfeld von der Polizei bei der mutmaßlichen Vorbereitung oder Ausführung eines Brandanschlag auf einen Bus gestoppt wurde. Über mehrere Monate stand er deswegen im Visier der „Sonderkommission Feuerball“, die Ermittler sicherten bei der Gruppe um Buresch zwar zahlreiche Spuren (wie 1 Kilo Brandgel, Sturmhauben, Brandbeschleuniger), konnten ihm jedoch die geplante Tat nicht nachweisen. Im gleichen Jahr soll Buresch im Herbst nach Angaben des Thüringer Innenministeriums eine Spontandemonstration mit 25 Personen durchgeführt haben. 2011 saß er u.a. wegen Raubes für ein halbes Jahr in Haft. Im Herbst 2012 soll Buresch nach Behördenangaben neben einem Szeneliederabend auch eine Vortragsveranstaltung mit ehemaligen Nazisoldaten in Kahla organisiert haben. Er nahm außerdem an Neonazi-Demonstrationen und rechten Vorträgen teil und wurde der Kahlaer Versammlungsbehörde als stellvertretender Versammlungsleiter des geplanten Rechtsrock-Festivals am 15. Juni in Kahla angekündigt. Nach der Inhaftierung des mutmaßlichen NSU-Helfers Ralf Wohlleben wurde Buresch erneut für Ermittlungsbehörden interessant. Das ZDF Magazin Frontal 21 berichtete im Mai 2013 über einen Postschmuggel an der BKA Postüberwachung vorbei und blendete dabei u.a. auch einen Brief von Buresch an Wohlleben ein. Der Kahlaer Neonazi unterstützt im laufenden NSU-Prozess sowohl Angeklagte des Prozesses als auch Zeugen aus der rechten Szene, zuletzt grüßte er Wohlleben von der Zuschauertribüne aus an dessen Geburtstag am 27.2.2014. Er bewirbt sich sowohl um das Stadtrats- als auch Kreistagsmandat.

Weitere Kahlaer NPD-Kandidaten: Neonazi-Aktivisten

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Links: Johannes Bertels, mittig: Marcel Bütow, Rechts: Mario Keller (Facebook, privat)

Neben Radtke und Buresch treten auch Johannes Bertels und Marcel Bütow für den Stadtrat in Kahla an, ebenfalls beides Personen aus der Neonazi-Szene im Raum Kahla und Jena. Bütow verbreitet im Internet u.a. auch Propaganda der Gruppe „Freies Netz“ und hat ebenso Kontakte zur neonazistischen Musikszene. Der polizeibekannte Bertels gehörte bereits vor knapp 10 Jahren einer jungen rechten Clique aus Jena an und hatte Verbindungen zum „Nationalen Widerstand Jena“, der Gruppe des mittlerweile in München inhaftierten mutmaßlichen NSU-Waffenbeschaffers Ralf Wohlleben. Bertels ist bzw. war ebenso Bewohner vom Neonazi-Hausprojekt „Burg 19“ und kandidiert auch auf der NPD-Kreisliste. Dort gibt es noch einen vierten Kandidaten: Mario Keller. Der stadtbekannte Neonazi war nicht nur Teilnehmer des Rechtsrock-Konzertes auf dem Kahlaer Gries im Sommer 2013, er provozierte auch einige Wochen im Vorfeld bereits beim „Toleranztag“ auf dem Markt in Kahla. Dort trat er auch mit Textilien der rechte Modemarke Thor Steinar auf und verließ erst nach Einwirken der städtischen bzw. polizeilichen Sicherheitskräfte mit weiteren rechten Störern den Platz. Diese aus Neonazis bestehende Partei will ab Ende Mai 2014 in Stadt- und Kreistag gewählt werden? Ein Blick in das Programm, was sich die Akteure für Kahla erdacht haben spricht auch Bände. So wird dort u.a. in typisch fremdenfeindlicher Manier Stimmung gegen ein Flüchtlingsheim in Kahla gemacht und „Widerstand durch Zivilcourage“ angekündigt, obwohl es weder ein solches Heim gibt, noch ein solches Heim in Kahla geplant ist. Auch wird in Kahla ein „Verbot von Propaganda“ gefordert, was Zitat „gleichgeschlechtliche Beziehungen der natürlichen Familie als ebenbürtig gegenüberstellt und Jugendlichen zugänglich ist“. Für den Fall dass die Neonazis auf der NPD-Liste eine Wahlniederlage erhalten kündigen sie auch gleich an, „im Falle eines Nichteinzuges weiter im Stadtbild Kahla präsent und aktiv zu sein“. Was dass vermutlich bedeutet kann hier in der Rubrik „Bestandsaufnahme Kahla“ angeschaut werden. Rechte Schmierereien vom „Freien Netz“, eingeworfene Scheiben wie im Demokratieladen und ganze Straßenzüge die mit Aufklebern tapeziert sind auf denen der „Nationale Sozialismus“ gefordert wird.

Ergänzung: Eine Woche vor der Wahl hat das „Freie Netz Jena“ über seinen Twitteraccount auch bestätigt, dass es sich bei einem Teil der Kandidierenden um Mitglieder des „Freien Netz Kahla“ handelt, welches für eine Reihe an Straftaten verantwortlich ist:

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Was tun? Deine Stimme gegen Nazis!

Logo_horizontal_Internet Während die NPD den Einzug in den Thüringer Landtag 2009 mit 4,3% nur knapp verpasste, zogen Vertreter extrem rechter Parteien und eines Wahlbündnisses bei der lezten Kommunalwahl mit insgesamt 25 Mandatsträgern in Kreistage und Stadträte ein. Dass hier auch von einem gewissen Gewaltpotential auszugehen ist, zeigen die Erkenntnisse der Thüringer Landesregierung: Demnach sind zehn der rechten Kommunalabgeordneten in 29 Fällen rechtskräftig verurteilt, davon in neun Fällen wegen (gefährlicher) Körperverletzung. Nicht zuletzt haben die Morde des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ die Gefahr noch einmal deutlich gemacht, die von rechten Ideologien droht. Die Opferberatungsstelle „ezra“ zählt allein 2012 in Thüringen 138 direkt von rechter Gewalt Betroffene, sowie einen Mord. Die Dunkelziffer der Übergriffe liegt deutlich darüber. Das Innenministerium zählte 2012 etwa 1.150 rechte Straftaten in Thüringen – das sind durchschnittlich drei pro Tag. Auch die seit Jahren hohen Zustimmungswerte zu extrem rechten Aussagen in der Thüringer Bevölkerung, beispielsweise zu Ausländerfeindlichkeit (Thüringen-Monitor 2012: 48%), birgt die Gefahr, dass neonazistische Parteien dieses Potential für sich nutzen. Um so wichtiger ist es, dass alle mit anpacken und klare Position gegen rechte Parolen und menschenverachtende Inhalte beziehen, um den Stimmenanteil der extrem rechten Parteien bei den Europa-, Kommunal- und Landtagswahlen deutlich zu reduzieren. Seit 2009 existiert die Initiative DEINE STIMME GEGEN NAZIS, welche alle demokratisch denkenden Menschen in Thüringen hinter einer gemeinsamen Idee vereinen will, die wahrnehmbar nach außen getragen wird: Die Wahl extrem rechter Parteien ist weder eine politische Alternative noch Protest. Weitere Infos auch in der Rubrik „Aktiv werden“ sowie unter www.deine-stimme-gegen-nazis.de

Etwas ganz praktisches kann auch jeder in Kahla selbst machen:

1. Die zweiseitige Flyer-Druckvorlage zur Kommunalwahl in Kahla herunterladen.

2. Als A5-Dokument (2 Seiten pro Blatt) erst die Vorderseite 20 x, 50 x oder mehr drucken und dann mit umgekehrten Blättern (Rückseite) in gleicher Stückzahl verfahren.

3. Eine Runde in der Nachbarschaft drehen und die umliegenden Briefkästen bestücken oder mit den Nachbarn ins Gespräch kommen, über die Neonazi-Kandidaten informieren und aufklären!

druckvorlage

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